Gedächtniskirche Berlin

Die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche – Historische Aufarbeitung auf Berlinerisch

Die Kirchenruine am Ku-damm bildet zusammen mit ihren Erweiterungsbauten das Erkennungszeichen der City-West. Ein einzigartiges Bauwerk-Ensemble aus Alt und Neu sind die heute 5 säkularen Gebäude am Breitscheidplatz als ‚hohler Zahn’ und ‚Lippenstift & Puderdose’ in der Tat ein eindrückliches Beispiel Berliner Geschichte – und Worterfindung.

Nach rund 3 Jahren fleißiger Instandsetzung wurden am 15. Juni 2013 schon mal die 20 obersten Meter Baugerüst an Deutschlands berühmtester Kirchenruine abgetragen. Für den 15. September dieses Jahres ist dann den wohlverdienten Gottesdienst zum endgültigen Abschluss der Bauarbeiten angesetzt.

Ursprünglich war die Kirche am Breitscheidplatz eine Frucht der Bestrebungen des Evangelischen Kirchenbauvereins, der sich inmitten des ganzen Jubelpatriotismus der Gründerzeit gegen Ende des 19. Jahrhunderts die vermehrte Errichtung von Gotteshäusern im protestantischen Preußens auf die Fahnen geschrieben hatte. So gottergeben-vergeistigt war Kaiser Wilhelm Zwo aber nicht, dass er die Gunst der Stunde versäumte, seinem großen Ahnen Wilhelm I. mit der neuen Kirche gleich noch einen schönen Gruß hinterher zu schicken. So kam das Bauwerk zu seinem Namen – nach ’45 ließ dieser sich allerdings vom Gedenken des kaiserlichen Großvaters mehr auf die Schande Deutschlands münzen.

In wuchtig-neuromanischer Manier errichtet und mit ganzen fünf Türmen ausgestattet, wirkte das Gotteshaus einst beeindruckend monumental. Offensichtlich fühlte sich der Zeitgeschmack dadurch dermaßen gut getroffen, dass der Neuromanische Baustil bald in ganz Deutschland wieder Saison hatte. Auch mehrere Gebäude in der direkten Nachbarschaft orientierten sich an der imposanten Vorlage, das sagenumwobene ‚Romanische Café’ auf dem Gelände des heutigen Europa-Centers sicher das populärste unter ihnen. Von dem so genannten ‚Romanischen Forum’ hat leider nur das ‚Kaisereck’ den Krieg halbwegs unbeschadet überstanden; in dem in vereinfachter Form wiederaufgebauten Gebäude befindet sich heute passend zur nüchternen Strenge des Gebäudes eine Bankfiliale.

Ein Bombentreffer im Kriegsjahr 1943 degradierte die Kirche zur Ruine, aus der der Hauptkirchturm – wenn auch von seinen einst staatlichen 113 Meter auf 71 Meter geschrumpft – wie eine böse Erinnerung herausragte. Nach langem Hin- und Her entschied man sich, den halben Turm als Mahnmal deutschen Versagens an Ort und Stelle zu belassen und um ein insgesamt vierteiliges Bauensemble moderner Machart zu ergänzen. Links und rechts der zur Gedenkhalle erklärten Ruine entstanden so Ende der 50er –Anfang der 60er Jahre eine viereckige Kapelle, ein achteckiges Kirchenschiff sowie ein sechseckiger Glockenturm – die beiden Letzteren wie gesagt besser als Lippenstift- und Puderdose bekannt.